Die geplante Fußgängerzone in der Bahnstraße könnte testweise zunächst freitags eingeführt werden. Die Poller links würden wegfallen. Foto: Oliver Gehrig

BRETZENHEIM – Seit dem Bau der Mainzelbahn habe es in Bretzenheim kein solches Aufregerthema mehr gegeben wie jetzt die geplante Einrichtung einer Fußgängerzone in der Bahnstraße. Das sagte Ortsvorsteherin Claudia Siebner (CDU) zu Beginn der jüngsten Ortsbeiratssitzung mit dem Topthema „Verkehrskonzept Ortskern Bretzenheim“, das aufgrund des zu erwartenden Zuschauerandrangs in der TSG-Halle stattfand. In dieser Sitzung äußerte Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) ihren Kompromissvorschlag, die geplante Fußgängerzone zunächst in einer Testphase freitags an den Bretzenheimer Markttagen einzurichten. In der Praxis lasse sich am besten erkennen, ob eine solche rund 80 Meter lange Fußgängerzone von der Bevölkerung angenommen werde oder nicht.

Christian Kron, Leiter des Verkehrsmanagements, hatte zuvor die Hintergründe erläutert. Rund 1200 Fahrzeuge fahren am Tag durch die verkehrsberuhigte Bahnstraße mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 17 Stundenkilometern. Die vier Marktstände könnten sich künftig an den Freitagen in der Bahnstraße ausbreiten, zusätzlich könnten etwa die Bäckerei und der Dönerladen eine erweiterte Außenbestuhlung anbieten. So soll die Aufenthaltsqualität erhöht werden. Die Poller am Tattoostudio und an der Wäscherei müssten entfernt werden, um eine drei Meter breite Rettungsgasse für den Brandschutz für den Notfall bereitzuhalten.

Im Ortsbeirat hielten sich die befürwortenden und ablehnenden Stimmen erneut die Waage. „Es gibt  in der Bahnstraße keine Außengastronomie und die Geschäfte planen auch keine“, kritisierte  Manfred Lippold (CDU), der anregte, statt einer Fußgängerzone lieber die verkehrsberuhigte Zone besser zu kennzeichnen. „Eine Fußgängerzone ist nicht rentabel“, bekräftigte Uwe Marschalek (FDP). Die Gewerbetreibenden mit ihren Bedenken würden übergangen. Die Planung sei fernab der Realität, ergänzte Uwe Trier (CDU). SPD und Grüne befürworten hingegen die Planung. „Die Öffentlichkeit besteht nicht nur aus Gewerbetreibenden“, entgegnete Michael Wiegert (SPD). „Wir wollen eine Attraktivitätssteigerung, das ist ein Ansatz für einen Kompromiss.“ Eva Müller-Shah (SPD) ergänzte: „Das ist ein hervorragender Vorschlag. Wir führen es aus und schaffen so eine Faktengrundlage.“ Eine solche Testphase sei eine gute Grundlage, auf der man dann sachlich diskutieren könne, sagte Fabian Ehmann (Grüne). „Es geht um Verkehrsberuhigung und um Aufenthaltsqualität.“ Ausprobieren sei besser als nur darüber reden, sagte Alena Haub (Grüne), die die Gewerbetreibenden direkt ansprach: „Durch eine Fußgängerzone steigen sogar Ihre Einnahmen, weil die Aufenthaltsqualität steigt.“

Auch in der Bürgerfragestunde gab es gleich viele lobende wie ablehnende Stimmen. Gewerbetreibende Bettina Gähle äußerte Kritik, dass dieses Thema zwar seit zwei Jahren viral gehe, aber erst jetzt öffentlich darüber gesprochen werde. Der notwendige 200 Meter lange Umweg für Pkw freitags sei unübersichtlich und führe durch enge Straßen. Dr. Kurt Braunbeck, Sprecher der neuen Bürgerinitiative „Lebendiges Bretzenheim“ gegen die Fußgängerzone, sagte, dass 80 Prozent seiner Patienten mit dem Auto kommen und auf dieses angewiesen seien. Aber es äußerten sich auch viele Befürworter einer Fußgängerzone. „Die Autos haben eine übermäßige Freiheit in Bretzenheim und die anderen Verkehrsteilnehmer haben das zu wenig“, sagte eine Frau. Es herrsche zu viel Kleinmut in Bretzenheim und es sollte der Versuch gewagt werden, den Autoverkehr herauszubekommen.

Ortsvorsteherin Claudia Siebner (CDU) dankte allen am Ende für die sachliche Debatte und kündigte weitere Gespräche an. „Die Suche nach einem gangbaren Kompromiss geht weiter.“

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Ich bin gebürtiger Mainzer, Jahrgang 1967, und seit mehr als 20 Jahren hauptberuflich journalistisch in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport tätig. Für Journal LOKAL - Die Lokale Zeitung berichte ich seit 2014 aus Bretzenheim, Hechtsheim, Lerchenberg, HaMü, AKK und der Oberstadt sowie aus Finthen und Gonsenheim. In meiner Freizeit fahre ich gerne Fahrrad. Weitere Hobbies sind Tennis, Fußball und Aquaristik.