Gemeinsam unter einem Dach: Bewohner des Projekts „stattVilla“ auf dem Balkon des Mietobjekts. Foto: Ulrich Nilles

HARTERNBERG-MÜNCHFELD – StattVilla, besser verständlich: statt Villa. „Der Name ist Programm: wir wollten eine Alternative zum vereinzelten Leben in Einfamilienhäusern, mehr Solidarität und Gemeinschaft“, so Isabell Claßen gegenüber der Presse. Zusammen mit sieben weiteren Personen gründete die heute 1. Vorsitzende 2017 den Verein „stattVilla“. Durch Kooperation mit der „Wohnbau Mainz“ (wir berichteten) konnte das Projekt 2022 realisiert werden.

„Wir haben ein altersgerechtes Wohnumfeld mit intensivem Kontakt zu den Mitbewohnenden gesucht“, so Gabriele Elgas beim Gespräch mit dieser Zeitung im „gemeinsamen Wohnzimmer“ von stattVilla. „Mir ist die inspirierende Gemeinschaft mit mehreren Generationen unter einem Dach wichtig gewesen“, beschreibt Ingrid Baur die lange Suche nach einer neuen Heimat. „Ich habe seit meiner Studienzeit immer in Gemeinschaft gelebt und wollte dies auch im Alter fortsetzen“, äußert Irma Naylor. Odette Klenke war es wichtig, nach 20 Jahren in einem anonymen Wohnkomplex mit einer netten und kommunikativen Umgebung zu leben. „Ich habe nicht zwingend etwas Altersgerechtes gesucht, in stattVilla allerdings Geselligkeit auf die Jahre hin gefunden“, meint Markus Schöllhorn und Dario Heymann hat nach Abschluss des Studiums mit stattVilla eine Lebenswelt entdeckt, in der er bleiben kann.

Zu der gelebten Gemeinschaft sei ihnen der gegenseitige Respekt und die Wahrung der Privatsphäre wichtig, waren sich alle Gesprächsteilnehmenden einig.

Im Zuge der Auswahl für die Wohnungsvergabe mussten sich alle Kandidaten einem Bewerbungsverfahren unterziehen. „Das war wie ein Casting“, kam es schmunzelnd aus der Runde. Darüber hinaus fanden, zum Teil online und zum Teil mit Trainern, seit 2017 Seminare statt, in denen das Zusammenleben geübt wurde. Wichtiges Thema: das gemeinsame Bewältigen von Problemen. Schon in dieser Zeit wurden viele Themen, die für das zukünftige Zusammenleben wichtig sein würden, definiert und erarbeitet. „Konsensieren“ war der Schlüsselbegriff. Nicht durch Mehrheitsentscheid, sondern durch das Finden einer für alle tragbaren Lösung, eines Konsens, wird im Konfliktfall verfahren.

Die Wohnungen wurden dann nach einem vereinsinternen Schlüssel vergeben, der eine Durchmischung der Bewohner gewährleistet. Neben Jung und Alt spielten dabei das Geschlecht und die Lebensform (Single, Paar, Familie) eine Rolle. Punktgenau zum Einzugsdatum im Oktober 2022 waren alle 35 Einheiten an 50 Erwachsene und 14 Kinder verteilt. „Wir kannten uns beim Einzug alle“, stellte eine Gesprächsteilnehmerin immer noch verblüfft fest. „Es war wie ein nach Hause kommen“.

Im vierten Obergeschoss hat die Gemeinschaft eine Wohnung gemietet, die von allen nach einem Bieterverfahren finanziert wird. Projektgruppen sind für die Gestaltung der Räumlichkeiten verantwortlich genauso wie für die Einrichtung der miteinander genutzten Werkstatt im Keller.

Untereinander sind die „stattVillas“ durch einen Messengerdienst vernetzt. Von individuellen Anfragen – Frühstück, Spaziergang, Lampenmontage … – bis hin zur Organisation der gesamten Gruppe tauschen sich hier die Bewohner aus.

Am Ende der Gesprächsrunde ermutigten die Teilnehmenden alle Menschen, die gemeinschaftliches Wohnen planen und bieten ihre Unterstützung an. Ansprechpartner findet man unter mail@stattvilla-mainz.de.

 

Autor: Ulrich Nilles

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