Beate Leibinger (li.) freut sich über die Einladung von Ernita Ullrich vom Kunstverein. Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

Nieder-Olm – „Jeder Gegenstand um uns herum hat eine eigene Ästhetik und ist schön“, sagt Beate Leibinger. Dem Banalen verleiht die Künstlerin Ausdruck in Gemälden, die überraschendes zeigen: das Stillleben mit Kirschen, Eiern und Äpfeln oder Fragmente von Küchenutensilien, wie die Oberfläche einer Reibe oder Flaschenhälse. Leibinger liebt die kleinen Dinge. Sie dürfen sich in ihren Bildern von ihrer reizvollsten Seite zeigen. „Schau mal, ich bin doch nur eine einfache Flasche, aber ich leuchte und glänze und bin trotzdem irgendwie schön“, beschreibt sie ihre Wahrnehmung. Die Bilder, die zuletzt in der Ausstellung „Drauf-Sichten“ in der Schmiede Wettig in Nieder-Olm zu sehen gewesen sind, gleichen großformatigen Fotografien. „Der Foto- und Hyperrealismus sind meine Themen“, bestätigt die Künstlerin und deutet auf ihr jüngstes Werk, das sie als „die größte bisherige Herausforderung“ bezeichnet. Es zeigt 25 Äpfel der Sorte Pink Lady. Wenn die Apfelfrucht-Serie fertig sein wird, bei der Leibinger die Dreidimensionalität einfangen will, werden es 49 Apfel-Porträts sein. „Jede Frucht für sich ist anders: Jede fängt das Licht ein, ist prall und schön.“

Eingeladen zur Ausstellung hat sie der Nieder-Olmer Kunstverein Glockwerks Lichte Kunstprojekte. „Wir haben im Jahresprogramm stets Künstler, die etwas zeigen können“, erzählt Vereinsvorsitzende Ernita Ullrich. Seit 1996 ist der Verein mit zurzeit 65 Mitgliedern, von denen die Hälfte künstlerisch tätig ist, dem hohen kreativen Anspruch treu. „Wir hatten schon Aussteller aus Köln oder Bonn.“ Die Kontakte zu Künstlergruppen und Vereinen in Mainz, Essenheim oder Ingelheim pflegen die Nieder-Olmer intensiv. Das zahlt sich aus: Mittlerweile seien viele Künstler bestrebt, beim Kunstverein auszustellen, so Ullrich. „Die Warteliste ist lang.“ Auf Leibinger gestoßen sei sie anlässlich des Tags offener Ateliers, berichtet die Vereinschefin. Sie fand die Arbeiten sehenswert.

Leibinger malt seit zwölf Jahren. Davor hat sie zwar auch zu Pinsel und Farben gegriffen. „Aber nicht wie jetzt mit Eitempera und auf großen Formaten.“ Das besondere Malmittel, das zum Beispiel bei Ikonenmalerei zum Einsatz kommt, hat ihr ihre Lehrerin nahegebracht. Die Farben bestehen aus Öl, Ei, Wasser und Pigmenten. Mit Eitempera zu malen, sei anders als bei der Acrylmalerei, die sofort trocknet und auch unterschiedlich zur Ölfarbe, die erst nach vier Wochen oxidiert, erläutert die Malerin. „Eitempera liegt genau dazwischen.“ Sie könne etwa drei Tage noch mit der Farbe Veränderung auf der Leinwand vornehmen. „Danach oxidiert das Harz im Leinöl.“ Auf ihren Bildern liegen bis zu zwölf Schichten Farbe. „Die Einladung nach Nieder-Olm ehrt mich und ich freue mich über die Expertise des Kunstvereins.“ Die wenigsten Künstler schaffen etwas für sich alleine, ergänzt Leibinger. „Ich möchte mit meinen Bildern dem Betrachter ein Lächeln auf die Lippen zaubern.“

 

Autor: Gregor Starosczyk-Gerlach

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