Kultur- und Weinbotschafter Friedrich Heßel und Obstbauer Lothar Schmitt leiteten die Veranstaltung. Foto: Mandy Kramer

FINTHEN – „Mit Blumen ist es wie mit Menschen. Manche verregnen und verknittern, andere strahlen ins Regenwetter – ja Regenstürme hinein.” Passend zum nasskalten Aprilwetter begrüßte der Kultur- und Weinbotschafter Friedrich Heßel die Besucher der Blütenführung mit einem Zitat des bekannten Staudengärtners Karl Foerster (1874-1970).  Das Interesse an der lehrreichen Veranstaltung war so groß, dass sich rund 30 Besucherinnen und Besucher mit Regenschirmen und einem Rucksack voller Fragen gewappnet am 1. April vor dem Finther Obstlädchen in der Kurmainzstraße einfanden.  Der Spaziergang durch die blühenden Obstfelder war ein Angebot der Gemeinschaftsinitiative Rheinhessen in Kooperation mit dem Finther Obstlädchen. Der in Gonsenheim ansässige Wein- und Kulturbotschafter Friedrich Heßel führte die beliebte Veranstaltung in Zusammenarbeit mit Familie Schmitt bereits mehrmals in der Vergangenheit durch. Er sei ein „Wiederholungstäter” in der Finther Gemarkungsgrenze, da sich, insbesondere im Frühling, die dortige „von Gott gesegnete Landschaft” mit allen Sinnen genießen lasse.

Die Aprikosenbäume blühen zuerst. Foto: Mandy Kramer

Neben Heßel begrüßten die GastgeberInnen Anja und Lothar Schmitt ihre Gäste mit einladenden Worten und fassten die Chronik des Familienbetriebes Schmitt zusammen. Hinsichtlich des Regenwetters erläuterte Lothar Schmitt: „Jeder Tropfen ist wichtig”, denn Obst und Gemüse benötigten besonders viel Wasser. Da die Natur ihre eigenen Regeln hat, standen die Bäume am Tag der Blütenführung zwar noch nicht vollständig in Blüte; Lothar Schmitt prognostizierte das Erreichen des „Ballonstadiums”, den Zustand kurz vor dem Knospenaufbruch, jedoch für die nachfolgende Woche. Der gelernte Gärtner mit Fachrichtung Obstbau beantwortete den Besuchern während des Spazierganges sämtliche Fragen und gab ihnen viel Wissenswertes mit auf den Weg. Der Beginn der regionalen Obstsaison werde durch die Aprikosenbäume eingeleitet, gefolgt von Pflaumen und Süßkirschen. Zuletzt werden die Früchte der Apfelbäume reif und können im Spätsommer geerntet werden. Bedauerlicherweise komme es vielen Kunden beim Kauf auf die Optik und Größe der Früchte an. So müssten Kirschen etwa „eine bestimmte Dicke haben, sonst werden sie nicht gekauft”. Die beliebte Süßkirsche „Carmen” sei die größte Kirschsorte im Sortiment des Finther Obstlädchens und weise einen Durchmesser von mehr als 30 Millimeter pro Frucht auf.

Kultur- und Weinbotschafter Heßel ergänzte die lehrreiche Führung mit vielseitigen Informationen. So erläuterte er die geschichtlichen Hintergründe des regionalen Obstbaus, ging auf die klimatischen Gegebenheiten und Bodenbeschaffenheiten ein und appellierte, die Bauern zu unterstützen, um dem rückläufigen Obstanbau entgegenzuwirken.

Die Besucher trotzten dem regnerischen Aprilwetter. Foto: Mandy Kramer

„Unsere Obstbäume sind zu 100 Prozent veredelt”, erklärte Lothar Schmitt. So könne Ertrag und Wachstum beeinflusst werden. Die Lebensdauer eines Baumes betrage rund 15 bis 20 Jahre und sei abhängig von Ertrag und Nachfrage. Auf Bienen und Hummeln seien die Obstbauern angewiesen, da die Bestäubung ausschließlich über Insekten erfolge. Gedüngt werde nur so wenig wie möglich; der TÜV kontrolliere die Pflanzenschutzgeräte unter strengen Auflagen in regelmäßigen Abständen. Bedauerlicherweise habe der fortschreitende Klimawandel sich bereits auf die Obsternte ausgewirkt. Aufgrund der gestiegenen Durchschnittstemperatur blühen die Bäume früher und sind dem erhöhten Risiko für größere Ertragseinbußen durch Spätfröste ausgesetzt. Nicht verkaufbares Obst werde teilweise zu Marmeladen und Schnäpsen weiterverarbeitet oder bliebe an den Bäumen hängen, um später als Dünger zu fungieren. Das Aufsammeln von Fallobst sei streng genommen Diebstahl, auch wenn beim Verzehr eines einzelnen Apfels niemand meckern würde. Problematisch seien vor allem die jährlichen Diebstähle großer Obstmengen – ganze Bäume würden in kurzer Zeit leer gepflückt werden, insbesondere Aprikosen und Kirschen.

Anja Schmitt kümmerte sich mit großer Gastfreundschaft um das leibliche Wohl der Besucher. Foto: Mandy Kramer

Die vielseitige Exkursion durch die Finther Felder zeigte, dass der Obstbau eine spannende Wissenschaft für sich ist. Im Anschluss an die Führung erwartete die Besucher ein wärmendes Käse-Lauch-Süppchen mit knuspriger Brezel und leckerem Kirsch-Secco. Beim geselligen Beisammensein trug Heßel, passend zum Thema, unterhaltsame Gedichte über Obst vor. Für Kurzentschlossene bot der Kultur- und Weinbotschafter zudem eine Wiederholung des Blütenspazierganges am Samstag, 8. April, um 15 Uhr an. Diesmal allerdings ohne Bewirtung und fachkundige Begleitung durch Familie Schmitt; dafür bei voraussichtlich sonnigem Wetter und Obstbäumen in voller Blüte. Die nächste Führung der Gemeinschaftsinitiative Rheinhessen bietet Heßel  am 3. Juni um 15 Uhr im Gonsbachtal an. Das Motto der Veranstaltung lautet „Römer – Rosen – Rosmarin“.  Anmeldungen sowie weitere Infos per Mail unter friedrich.hessel@kwb-rheinhessen.de oder telefonisch unter 06131/45804.

 

Autorin: Mandy Kramer

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Als zugezogene Mainzerin schreibe ich seit Juni 2021 für Journal LOKAL - die LOKALE Zeitung und berichte größtenteils aus den Stadtteilen Gonsenheim und Finthen. Darüber hinaus mache ich auch gerne journalistische Abstecher in andere Mainzer Stadtteile, wie z.B. nach Drais, Mombach, Marienborn, Lerchenberg und in die Neustadt. Meine Themengebiete sind sehr vielfältig; ich berichte jedoch besonders gerne über naturverbundene Themen sowie über Kunst und Kultur. Neben meinem Studium der sozialen Arbeit verbringe ich meine Freizeit am liebsten in den Mainzer Naherholungsgebieten.