Bei Wolfgang Ruland werden alte Balladen lebendig. Foto: kga

FINTHEN. Wer da meint, die Sprache Goethes, Schillers oder eines Brentanos sei altbacken und verstaubt, der sollte Wolfgang Ruland hören. Der Mann vom Geschichtsverein Unkel lässt die Verse der Klassiker, Romantiker und Realisten neu erstrahlen und macht sie so erlebbar. Mit seinem Programm „Und es wallet und siedet und brauset und zischt!“ war er jetzt im katholischen Gemeindezentrum St. Martin in Finthen zu erleben. „Deutsche Balladen, so wie Sie sie noch nie gehört haben!“, kündigte er seine Darbietungen an. Balladen seien kleine Theaterstücke, sie seien immer irgendwie tragisch, so wie die heutige Zeit auch, erklärte Ruland und stieg dann mit Goethes Zauberlehrling direkt in sein 90-Minuten-Programm ein.

Ruland mimt den Zauberlehrling, der stolz berichtet, wie der alte Besen auch seinen Befehlen folgt, doch dann entsetzt feststellen muss, dass er den Zauber nicht rückgängig machen kann, weiter und weiter holt erst ein, dann zwei Besen Wasser, so dass der Zauberlehrling schließlich erst die hohen Mächte und dann den Zaubermeister um Hilfe anruft, klagend, verzweifelt, in Ruland wird der verzweifelte Lehrling lebendig – und ebenso der Hexenmeister, der im nächsten Augenblick entspannt den Besen zur Ordnung ruft.

Links brennen ein paar Kerzen, Ruland steht auf einem Teppich, geht nur darauf auf und ab, das ist seine Bühne, Mitspieler gibt es nicht, ab und zu linst Ruland in sein Skript. Seine Zuhörer sind begeistert, sprechen manche Textstellen mit und spenden immer wieder anerkennend Applaus. Schillers Ballade „Der Taucher“ folgt, und Ruland gelingt es, allein durch den sprachlichen Duktus die Dramatik des Werks so aufzubauen, dass seine Zuhörer gebannt lauschen und des hochherzigen Jünglings Tod in den Fluten leidend miterleben, nachdem der grausame König aufgefordert hatte, den goldenen Becher ein zweites Mal aus dem Meer zu holen. Der Jüngling vergisst seine eigene Warnung, „Der Mensch versuche die Götter nicht…“.

Ruland hat Fontane, Heine („Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“) und Erich Kästner („Handstand auf der Loreley“) mitgebracht, er zitiert Brentano („Lore Lay“) und Geipel („Die Schatzgräber“) und andere. Schreien jubeln, schnauben!  Die szenischen Erzählungen der Balladen macht der Mime durch theatralische Mittel erfahrbar und lässt die Persönlichkeiten der Balladen lebendig erscheinen. Da wird Goethes „Fischer“ von der Wassernixe in das Reich der Fische gezogen, „halb zog sie ihn, halb sank er hin“, und Ruland hält seine Zuhörer im Bann. Gespannt lauscht das Publikum und ahnt das Rauschen des Wassers.

 

Autor: kga

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