Joachim Alt vom AK Fluglärm schlägt Alarm wegen der hohen Belastung durch Ultrafeinstaub in Hechtsheim. Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

HECHTSHEIM – „Ich war überrascht und erschrocken, als ich die Ergebnisse sah “, sagte Joachim Alt vom Arbeitskreis Fluglärm (AK) in Hechtsheim über die roten Balken auf dem Diagramm, die er auf die Leinwand projizierte: Messungen zu ultrafeinen Partikeln (UFP) aus vier Tagen.

Demnach sei der Stadtteil zum Beispiel am 7. Mai 2023 über Stunden einer hohen UFP-Belastung ausgesetzt gewesen. „Das hätte ich vielleicht für Raunheim erwartet, aber nicht im 20 Kilometer vom Flughafen entfernten Mainzer Stadtteil.“ In einer Veranstaltung im Sitzungssaal der Alten Ortsverwaltung in Hechtsheim präsentierte und erläuterte Alt vor knapp 20 interessierten Bürgern die neue Entwicklung und aktuelle Daten.

Erst im März haben die UFP-Messungen begonnen, die Apparatur des Hessischen Landesamtes für Umwelt befindet sich im Freien circa 800 Meter südlich der Anfluglinie über Hechtsheim. Doch schon die Daten aus jenen wenigen Wochen ließen bei Alt die Alarmglocken schrillen. Denn die Messergebnisse haben das bestätigt, ja übertroffen, was der AK mit eigenen Messinstrumenten 2015 bereits ermittelt hat. „Abgas-Partikel sind gesundheitlich niemals unbedenklich“, sagte der Referent. Eingeatmet, gelangen sie über die Lunge und Blutbahnen in den Organismus (Gehirn, Plazenta) und verbleiben dort zu 90 Prozent.

„UF-Partikel sind Kleinstteilchen, die beim Verbrennen von Kerosin entstehen.“ Ihre Größe beginnt bei zwei bis drei Nanometer. Das Messgerät, das der AK 2015 beschaffen hatte, konnte Teilchen von einer Größe ab 20 Nanometer erfassen, führte Alt zum Vergleich an. „Die neue Messstation in Hechtsheim erfasst Partikel ab zehn Nanometer.“ Sie sei damit lediglich nah an der Wahrheit.

„Der Einfluss des Flugbetriebes ist nun unverkennbar“, sagte der Fluglärmexperte. Warum die Messungen überhaupt begonnen worden seien, „das können wir uns nicht wirklich erklären“.  Er bedauerte, dass kein Vertreter des Landesamtes der Veranstaltung beiwohnte. Von der Behörde habe es geheißen, man wolle sich im Herbst äußern, wenn genügend Daten für die Interpretation vorliegen. Jedenfalls scheinen die bisherigen Modelle des Bundesumweltamtes, wonach der Frankfurter Flughafen der Verursacher der Feinstaubverschmutzung sei und unter den Flugrouten keine Ultrafeinstaubbelastung zu finden sei, dank der Messdaten zu wackeln. „Ein Herüberwehen vom Flughafengelände beziehungsweise wenn die Flugzeuge unterhalb von 400 Höhenmetern sind, passt jedenfalls nicht zu den Beobachtungen.“ Dies gelte sowohl für Landeanflüge über Hechtsheim als auch für Abflüge und Starts auf der sogenannten „Südumfliegung“.

Alt machte darauf aufmerksam, dass die Behörden zumeist mit Jahresdurchschnittswerten arbeiten, die aber die jeweilige Höchstbelastung an bestimmten Tagen wie an den präsentierten Beispielen nivellieren. Auf diese Weise verschwindet die punktuelle gesundheitliche Belastung aus den Statistiken. In einem Kurzfilm, den er vorführte, demonstrierten die Mitglieder einer Arbeitsgruppe aus München, dass die ausgeatmete Luft einer Testperson direkt am Frankfurter Flughafen weniger UF-Partikel beinhaltete als die Umgebungsluft, die sie eingeatmet hatte.

Freilich seien die UFP-Einträge vom Messort, dem Emissionsort sowie von Windstärke und Windrichtung abhängig. Doch: „Die jetzt gemessene Belastung ist unerwartet hoch.“ Eine Messtation sei zwar besser als nichts. „Aber ohne ein Messkonzept ist man eigentlich blind“, forderte Alt und sprach von einer notwendigen Optimierung des Treibstoffs mit weniger Schwefel im Kerosin.

 

Autor: Gregor Starosczyk-Gerlach

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Ich schreibe und fotografiere seit 2013 für Journal LOKAL - Die lokale Zeitung. Die Begeisterung für die Lokalmedien entdeckte ich während des Studiums der katholischen Theologie und habe seit 2007 für Lokalzeitungen, öffentliche Einrichtungen und Online-Medien gearbeitet. Mich fasziniert der wunderbare Alltag. Unterwegs bin ich für Themen in Ingelheim, VG Heidesheim, Budenheim, Rheinhessen, in Mombach, Ebersheim, Hechtsheim.