GONSENHEIM – Am Sonntag, 12. Februar, ist es so weit: Die OB-Wahl steht vor der Tür. Vielen Wählern wird die Entscheidung diesmal wohl besonders schwerfallen, da es keinen Amtsverteidiger gibt und überwiegend neue Gesichter auf den Wahlplakaten sind. Aus diesem Grund sind Podiumsdiskussionen, wie jetzt eine unter dem Titel „Check it out“ in der TGM-Halle in Gonsenheim stattfand, dieses Jahr sehr gefragt.
Umso schöner, dass bei der Veranstaltung alle Kandidaten bis auf Lukas Haker von „Die Partei“ anwesend waren. Organisiert wurde der Abend vom Stadtteiltreff Gonsenheim, dem Katzenberg-Treff, dem Mehrgenerationenhaus Finthen sowie dem Caritaszentrum St. Rochus aus Mombach. Die Moderation übernahmen Stephan Hesping und Noemi Barrawasser.
Ein erster großer Diskussionspunkt waren das Thema Wohnraum und die Frage, wie den steigenden Mieten entgegenzuwirken ist und auf das Wachstum der Stadt zu reagieren sei. Mareike von Jungenfeld (SPD) sprach von 9000 neuen Wohnungen, die in den nächsten Jahren in Mainz entstehen sollten. Zuspruch bekam sie von Martin Malcherek (Linke) und Nino Haase (parteilos), die den richtigen Ansatz in einer starken Beteiligung der Stadt an Wohnraum und hohen Investitionen in neue Gebäude sehen. Dabei solle, so Malcherek, der Fokus auf Mehrfamilienhäuser im Zentrum wie in Neubaugebieten liegen. Ähnlicher Meinung ist auch Christian Viering (Grüne), der hinzufügte, dass dabei auf strenge Umweltbedingungen geachtet werden müsse. Eine Gegenposition formulierten Manuela Matz (CDU) und Dr. Marc Engelmann (FDP). Während Matz einen „gesunden Mix“ aus städtischen Immobilien und freiem Wohnungsmarkt forderte, warnte Dr. Engelmann vor einem „Sozialismus im Wohnungsmarkt“. Auch kritisierten sie, dass ausschließlich von Geschosswohnungen die Rede sei, zumal Einfamilienhäuser für das Stadtbild ebenso wichtig seien.
Beim Themenkomplex Infrastruktur beklagten sich mehrere Bürger über das mangelhafte Radwegenetz in Mainz. Eine Anwesende empörte sich besonders über den Radweg von Gonsenheim zur Universität, der an einer Stelle abrupte aufhöre. Stephan Hesping erinnerte an Armin Schulz, einen pensionierten Ingenieur, der vor einigen Jahren ein Konzept für ein Gonsenheimer Fahrradwegnetz einbrachte, passiert sei damit wenig. Malcherek sieht das Problem vor allem als eine Frage von Kapazitäten, in erster Linie müsse man die zuständige Behörde mit den nötigen finanziellen Möglichkeiten ausstatten. Auch Dr. Engelmann sprach sich für ein Konzept für die gesamte Stadt Mainz aus. Matz betonte, dass die Stadt nicht einzig auf die Fahrradwege schauen sollte, es brauche ein „ideologiefreies Gesamtkonzept“ für den Verkehr.
Daneben war das Thema Bildung sowohl für die Bürger als auch für die Kandidaten zentral. Nino Haase beklagte die prekäre Kita- und Pflegesituation, aktuell seinen nur 30 Prozent der Azubi-Stellen hierfür besetzt, es benötige eine „langfristige Lösung“ und verbesserte Kommunikation zu den Bildungsstellen. Christian Viering pflichtete bei und setzte voraus, mindestens zwei Jahre Kita vor der Einschulung zu garantieren, momentan sei nur ein Jahr gewährleistet. Mareike von Jungenfeld setzt sich für ein kostenfreies Mittagessen in Kitas und Schulen ein, ihr Ziel sei es, Mainz zur „familienfreundlichsten Stadt in Rheinland-Pfalz“ zu machen.
Besonders den Bürgerzentren ist der Bereich Lebensberatung und Gemeinwesenarbeit ein großes Anliegen. Es müsse dabei stärker auf einfache, verständliche Sprache und direkte personelle Ansprechpartner gesetzt werden. Konkret wurden dafür eine höhere Bezuschussung der Bürgerzentren mit dynamisch steigenden Anteilen gefordert. Die zentrale Bedeutung dieser Einrichtungen betonten an diesem Abend alle Kandidaten mehrfach.
Ein großes Anliegen vieler Bürger ist die Abfallsituation in Mainz, besonders das Problem mit Einwegverpackungen würde langsam überhand nehmen. Ein Lösungsansatz sei, so meinte Malcherek, die Vergabe von Einwegverpackungen und -geschirr einzuschränken. Dr. Engelmann argumentierte, dass hierfür nur eine Lösung auf Bundesebene richtig greifen könne.
Gegen Ende hatten die Kandidaten noch Gelegenheit, ihre Vision für die Zukunft von Mainz zusammenzufassen: Christian Viering betonte die Dringlichkeit von möglichst schneller Klimaneutralität für Mainz. Dr. Marc Engelmann forderte „nachhaltiges Investieren“ und dabei einen ausgeglichenen Haushalt, während Manuela Matz für „pragmatische und ideologiefreie Führung“ steht. Nino Haase ist vor allem ein „ganzheitlicher Ansatz“ mit speziellem Blick auf Modernisierung wichtig, außerdem sieht er sich als parteiloser Kandidat besonders für die Rolle eines Vermittlers geeignet. Mareike von Jungenfeld betonte unter dem Motto „Verantwortung aus Leidenschaft“ die zentrale Bedeutung von Bildung und Kinderpflege. Martin Malcherek, der leider verfrüht gehen musste, kritisierte während der Veranstaltung mehrfach, dass nun genügend Geld da sei, bisher aber nur wenig investiert werde. Als Kandidat der Linken setzt er sich für eine „Rheinhessische Form des Sozialismus“ ein.
Bei OB-Wahlen steht für viele die Person im Vordergrund und weniger die Partei, was das ausgesprochen große Interesse an der Veranstaltung erklärt. Der kleine Raum war so stark gefüllt, dass einige Gäste leider abgewiesen werden mussten. Entsprechend hoch war die Beteiligung der Bürger an den Diskussionen: Immer wieder wurden Fragen gestellt oder wichtige Anliegen vorgebracht. Im Anschluss hatten die Bürger noch die Gelegenheit für ein kurzes persönliches Gespräch mit den Kandidaten.
Autor: Johannes Preyss