Mainz ist eine attraktive, dynamische und beliebte Schwarmstadt mitten im Rhein-Main-Gebiet. Ein Blick auf die Statistik zeigt: Allein in den vergangenen zehn Jahren ist unsere Stadt um rund 20.000 Mainzerinnen und Mainzer gewachsen. Das bedeutet: Die komplette Mainzer Altstadt ist, gemessen an der Einwohnerzahl, in kürzester Zeit noch einmal hinzugekommen. Mainz wächst um rund 2.000 Einwohnerinnen und Einwohner jedes Jahr. Und nach allem, was wir aus Studien wissen, wird sich das auch in den kommenden Jahren nicht ändern.
Wir erleben eine enorme Wachstumsdynamik, die Mainz zu einer der attraktivsten Städte der Region macht. Und diese Dynamik steht auf einer soliden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundlage. Denn auch die Mainzer Wirtschaft ist auf ein Rekordniveau gewachsen. Dabei verheißt das Fundament, auf dem sie steht, beste Zukunftsaussichten. Denn mit einem Dreiklang aus starken Wirtschaftsunternehmen, innovativen Forschungseinrichtungen und hochkarätigen Hochschulen zieht Mainz bestausgebildete junge Menschen an und bindet sie an sich. Und Mainz ist zur Startup-Hauptstadt geworden. Mittlerweile bescheinigen uns beispielsweise in regelmäßigen Abständen Wirtschaftsmedien, dass Mainz der spannendste Biotech-Standort außerhalb der USA ist.
Das alles ist schön. Es sind prinzipiell gute Nachrichten für unsere Stadt und doch bringen diese Dynamik und dieses Wachstum auch große Herausforderungen mit sich. Zu den Wachstumsschmerzen der Schwarmstadt Mainz zählen insbesondere die steigenden Kosten für das Wohnen. Für die Menschen, die zu mir kommen und sagen, „eine Runde Mieterhöhungen schaffe ich noch, danach ist aber Schluss und ich muss ausziehen“ oder für junge Familien, die sich keine größere bezahlbare Wohnung leisten können, sind das keine guten Nachrichten. Denn wer nicht wohnen kann, der hat von alldem nichts. Nein, der hat von alldem Positiven, von all der Dynamik in Mainz vor allem eines: ein riesiges Problem. Wenn Menschen Angst haben müssen, dass sie sich das Grundlegende nicht mehr leisten können, dass sie ihre Nachbarschaft, ihre Stadt verlassen müssen, dann ist ein großes Stück soziale Sicherheit verlorengegangen.
Wohnen ist kein Luxusgut, Wohnen ist ein Lebensrecht. Dieses Lebensrecht auf Wohnen wollen wir als Stadt im Rahmen dessen, was uns möglich ist, für die Mainzerinnen und Mainzer sichern. Die wichtigste Antwort auf die Verteuerung von Wohnraum ist die Schaffung von Wohnraum, sprich Bauen, Bauen, Bauen. In Mainz haben wir das von mir gesetzte Ziel, 6.500 neue Wohnungen bis 2020 zu bauen, schon Ende letzten Jahres erreicht, zwei Jahre früher als geplant. Ein enormer Kraftakt und ein Riesenerfolg, für den wir das bezahlbare Wohnen in der Verwaltung zur Top-Priorität gemacht und uns als Verwaltung verpflichtet haben, so schnell wie möglich Bauanträge zu bearbeiten und das dafür notwendige Baurecht zu schaffen. Unser neues Ziel sind 5.500 weitere Wohnungen bis 2025, weitere Projekte sind in Vorbereitung. Insbesondere im Heilig-Kreuz-Viertel werden in den nächsten Jahren rund 2.000 neue Wohnungen für rund 6.000 Bürgerinnen und Bürger entstehen, darunter ein großer Anteil bezahlbarer Geschosswohnungen.
Ein weiterer Erfolg ist, dass es uns gelungen ist, dass die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen in Mainz wieder ansteigt. Hier kann man von einer Trendwende sprechen, denn seit dem Jahr 2014 ist die Zahl der geförderten Wohnungen um 10 Prozent gestiegen. Das ist ein starkes Signal für den wachsenden Bedarf nach Wohnraum und gleichzeitig ein wichtiger Beitrag für die Stabilität des Wohnungsmarktes – zu Gunsten aller Mieterinnen und Mieter in Mainz. Und dank der Unterstützung des Landes können wir in den nächsten Jahren hierbei noch einen weiteren großen Schritt nach vorne machen. Denn zur Stärkung des geförderten Wohnungsbaus habe ich im Mai gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen eine Kooperationsvereinbarung zur Stärkung des geförderten Wohnungsbaus unterzeichnet. In dieser Kooperationsvereinbarung wird festgelegt, dass mindestens 900 neue öffentlich geförderte Wohnungen – Mietwohnungen und selbst genutzter Wohnraum – bis Ende 2021 in Mainz entstehen werden. Hierfür stellt das Land Fördermittel unter Einbeziehung des Kreditvolumens der Investitions- und Strukturbank Rheinland- Pfalz (ISB) zur Verfügung. Die uns aus der Kooperationsvereinbarung zugesagten Mittel werden wir sehr gezielt einsetzen, um den Neubau geförderter Wohnungen noch besser steuern und verwirklichen zu können.
Wir sind wohnungspolitisch jedoch noch lange nicht am Ziel. Im Gegenteil, wir müssen weiter aktiv bleiben und neuen Wohnraum schaffen. Hierfür werden wir auch die noch verfügbaren Wohnungsbaupotentiale überprüfen, das Konzept „Wohnen in Mainz“aus dem Jahr 2016 fortschreiben und wir werden in diesem Jahr erstmals einen Wohnungsmarktbericht auf den Weg bringen. Mit diesem Bericht sollen das Angebot und der Nachfragebedarf des gesamten Mainzer Wohnungsmarkts untersucht werden.
Wo soll das Bauland herkommen? Wie sollen wir die berechtigten Bedürfnisse nach Grün, nach Lebensqualität und günstigem Wohnraumzusammenbringen? Eine lebenswerte Stadt braucht hier eine kluge Balance. Wir dürfen mit dem Boden nicht aasen. Unsere Lösung ist: Am Zollhafen und im Heiligkreuzviertel verdichten wir zum Beispiel auf ehemals völlig zubetonierten Flächen nach, die dadurch sogar grüner werden als vorher. Denn neben Häusern und Straßen entstehen auch neue Grünflächen. Das ist kluge Stadtentwicklung. Aber diese Flächen sind begrenzt. Weshalb wir auch darauf angewiesen sind, dass insbesondere der Bund uns unterstützt und untergenutzte Flächen wie die GFZ-Kaserne zügig freigibt. Und das nicht zum höchsten Preis, sondern mit dem größten Nutzen für die Menschen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch mal die Forderung nach einem neuen Stadtteil eingehen. Ich sage nicht generell Nein zu einem neuen Stadtteil. Ich will auch nicht ausschließen, dass wir über weitere Entwicklungsmöglichkeiten und neue Baugebiete zu reden haben. Aber einen neuen Stadtteil auf der grünen Wiese zu errichten ist nicht ganz so einfach wie es sich vielleicht anhört. Neben dem großen Anteil an Grün- und Ackerflächen, die dabei verloren gingen, muss für einen neuen Stadtteil eine komplett neue Infrastruktur wie beispielsweise Straßen und Radwege, Ver- und Entsorgungsleitungen, ÖPNV und Nahversorgung geschaffen werden. Hinzu kommt, dass die Kosten durch die sehr aufwändige Erschließung der Fläche auf die Grundstückspreise umgelegt werden, sprich das treibt dann am Ende auch die Preise für Bauland und damit auch die Kosten für Wohnen in die Höhe. Zudem dauert die Entwicklung und der Neubau eines Stadtteils lange und hilft uns deshalb kurz- und mittelfristig nicht das Problem der steigenden Kosten für Wohnraum zu lösen. Ich möchte, dass wir kurz- und mittelfristig Angebote schaffen, wo wir sie sinnigerweise schaffen können. Deswegen sage ich auch, dass wir eine neue Zusammenarbeit mit dem rheinhessischen Umland brauchen und ein gemeinsames Verständnis darüber, wie die Region weiter wächst – das halte ich für den eigentlich großen Punkt, den es umzusetzen gilt.
Ihr Michael Ebling