Vor kurzer Zeit war ich in die Bundeshauptstadt Berlin eingeladen, die ja bekanntlich „immer eine Reise wert ist“.
Während an der Spree viele Besucher und Touristen das sehenswerte Ambiente mit Museen und historischer Kulisse in der pulsierenden Metropole besichtigten, ging es im Bundesbauministerium um ein ernstes Thema, welches die Rathäuser und Fachleute des Bereiches Wohnraumplanung fast der gesamten Republik beschäftigt: Das Wohnen der Zukunft. Vor allem: Bezahlbares Wohnen für die jene Menschen, die nicht üppig verdienen. Erschwinglicher Wohnraum steht zu Recht allerorten oben auf der Agenda.
Blicken wir nach Mainz:
Vor wenigen Jahren noch galt die Vorhersage aller Statistiker, dass Mainz auf lange Sicht spürbar an Einwohnern verlieren würde. Es war die Zeit, als es im Trend war, sich das Häuschen im rheinhessischen Umland – böse Zungen nennen ihn den „Speckgürtel“ – zu realisieren. Die Umlandgemeinden taten ihr Übriges, um den Entscheidungsprozess der Abwanderungswilligen „positiv zu begleiten“.
Mancher verlor dabei ein wenig aus dem Auge, dass damit der Weg zum Theaterbesuch, zum Einkaufserlebnis, zum Freizeitvergnügen mit Marktbesuch, dem netten Abstecher ins Restaurant samt Kinofilm danach nun eine deutlich weitere Anreise erforderte.
Andere hatten einfach Sehnsucht nach dem Blick auf den schönen Rhein.
Wenige Jahre später haben sich die Vorzeichen umgekehrt. „Urbanität“ ist angesagt, es zieht die Menschen massiv in die Großstädte und Oberzentren – ob in München oder Mainz.
Die Stadt ist wieder absolut „hip“.
Dies gilt seit jeher ebenso für viele Studierende, welche über Jahre in die Landeshauptstadt strömten – und natürlich preisgünstig wohnen wollen. Darauf reagierten wir mit einer Ausweitung der Investitionen für Studentenwohnheime, die später für andere Wohnnutzungen umrüstbar sind, sofern der Sog der Uni und der FH einmal nachlassen sollte.
Manchen, den es lang vor den Mainzer Toren gehalten hatte, zog und zieht es nun – teils „zurück“ – in die Stadt, da hier vieles auf engem Raum geboten wird: Kultur, Sport, Gastronomie, Freunde, Apotheken, Ärzte, Einkaufsgelegenheiten.
Die Stadt ist auch wieder der Ort, wo man auch wohnen will – trotz der Mehrkosten für den Wohnraum.
Mainz wächst seither. Im Jahr 2000 lagen wir bei 197.000 Einwohnern. Heute, im Jahr 2017, sind wir bei 216.000 Bewohnern angelangt. Im Schnitt kommen derzeit 2000 Einwohner per anno hinzu. Das ist immens und bringt den Wohnungsmarkt unter Druck.
Dies auch, da die Niedrigzinspolitik mit „billigen Krediten“ dazu geführt hat, dass Menschen mit Blick auf das Rentenalter zugleich verstärkt in Eigentum investierten, „Betongold“ für die späten Lebensjahre.
Die Folge: Der Wohnungsmarkt in ganz Rhein-Main ist spürbar eng – der Mietmarkt ebenso, das Wort „Überhitzung“ folgt nicht selten auf dem Fuße.
Daraus folgte mit meinem Amtsantritt die Erkenntnis, dass wir in Mainz mehr Wohnraum in ausreichender Form brauchen. Eben auch jenen, der für geringere Einkommen noch erschwinglich ist.
Daher gründeten wir im Juli 2015 in Mainz das „Bündnis für das Wohnen in Mainz“, um gemeinsam mit allen relevanten Playern an einem Strang zu ziehen: Bauwirtschaft, Wohnungsbauunternehmen, das Land, die Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammer, Stadtverwaltung und stadtnahe Unternehmen als auch Wohnungseigentümervereine, Mieterschutzvereine und den AStA der Mainzer Universität konnten wir gewinnen.
Die vor zwei Jahren eingerichtete „Leitstelle Wohnen“ in Mainz koordiniert diese regelmäßigen Treffen.
Unser Ziel ist es seither, gemeinsam die Voraussetzungen für mehr Investitionen, vorzugsweise im bezahlbaren Marktsegment, zu verbessern, einen qualitätsbewussten Wohnungsbau unter wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu ermöglichen sowie sozialen und ökologischen Maßstäben gerecht zu werden.
Wir machen dabei große Fortschritte.
Bereits im Juni hat der Stadtrat grünes Licht für das „Heiligkreuz-Viertel“ mit 2.000 neuen Wohnungen gegeben. 25 Prozent davon werden sozial gefördert sein. Gleichzeitig wurde der Rahmenplan für die Fläche der GFZ-Kaserne aufgestellt. Dies sind wichtige Projekte für die Zukunft der Bürgerinnen und Bürger – und zugleich für die Stadt Mainz als Gemeinwesen. 3000 zusätzliche Wohneinheiten – das ist ein Meilenstein für den Wohnungsbau.
Der Trend des Zuzugs in die Städte geht ungebremst voran. Daher muss man diese Bewegung am Wohnungsmarkt abfangen – am besten schon vor der Zeit.
Bis 2030 rechne ich mit deutlich mehr als 220.000 Mainzerinnen und Mainzern. Eine wesentliche Frage, die sich daraus ergibt, ist jene, ob wir vor diesem Hintergrund unser Credo der „Innen- vor Außenentwicklung“ in der Baulandbereitstellung durchhalten können.
Übersetzt heißt dies: Primär wollen wir lieber Lücken im Stadtbild nutzen du schließen, als weitere Außenflächen zu versiegeln. Wir haben es dabei in Mainz einfacher als andere Kommunen, weil uns größere innerstädtisch- erschlossene Areale in gewerblichen oder militärischen Konversionsflächen zur Verfügung stehen.
Unsere Wohnungspolitik bleibt darauf ausgerichtet, vorhandene Bestände an veränderte Lebensumstände sowohl in ihrer Zahl wie auch Qualität anzupassen. Dabei bleibt die Schaffung und Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum einer der essentiellen Grundsätze.
Wir brauchen Wohnraum in ausreichender und vielfältiger Form, wir brauchen aber vor allem Wohnungen, die auch für die Menschen mit eher kleinen und mittleren Arbeitseinkommen und Renten bezahlbar sind – und bleiben. Deshalb geht kein Bebauungsplan mehr an den Start ohne eine Quote von 25 Prozent geförderten Wohnraums.
Das passiert momentan an verschiedenen Stellen in Mainz und unsere eigene Wohnungsgesellschaft agiert vorbildlich. Dabei unterstützt uns in zahlreichen Fällen auch die Wohnraumförderung des Landes.
Mehr Wohnungen in Mainz bedeuten natürlich auch mehr Stellen der Nachverdichtung. Aber ein deutliches Plus an Wohnungen gibt auch soziale Sicherheit. Sie schaffen neue Angebote für jene, die suchen und wirken preisdämpfend auf den Markt – davon profitieren letztlich alle Mieterinnen und Mieter in Mainz.
Nach wie vor weisen Umlandgemeinden bevorzugt sehr flächenintensive – Einfamilienhausgebiete aus, um zahlungskräftige Bevölkerungsgruppen aus Mainz und der übrigen Region zu gewinnen. Dies findet nur sehr begrenzt unseren Beifall, da es nicht nachhaltig und extrem flächenverbrauchend ist. Auf Dauer entstehen Schräglagen, deren Lasten einseitig bei den Städten verbleiben.
Das können wir im Verbund deutlich besser lösen – und auch darin arbeiten wir.
Ihr
Michael Ebling